Meinungsfreiheit ja – aber nicht für alle?
Ausgangslage
Das Bild, das die Medien von bekennenden Christen vermitteln, ist in den meisten Fällen wenig schmeichelhaft. Wer in der Öffentlichkeit zu seinem christlichen Glauben steht, erst recht, wenn es sich dabei um einen Politiker oder um eine Politikerin handelt, gilt schnell einmal als rückständig und als fundamentalistischer Eiferer. Und wer es wagt, aus religiöser Überzeugung unpopuläre Meinungen zu vertreten und sich etwa gegen den assistierten Suizid oder die gleichgeschlechtliche Ehe auszusprechen, wird umgehend als Frömmler, christlicher Fundi und rechter Hetzer denunziert. Gilt die viel beschworene Meinungsfreiheit am Ende nur denen, die sich dem Gesinnungsdiktat der selbsternannten Aufklärer unterwerfen oder gilt sie auch jenen unbequemen Geistern, die an das glauben, was für viele unglaublich ist?
Podium
Am Podium von Liberethica und des Berner Münsters diskutierten Thomas Ribi (Redaktor Feuilleton NZZ), Matthias Zeindler (Reformierte Kirche Bern), Stephanie Gartenmann (Junge SVP Schweiz) und Erich Nussbaumer (SP-Nationalrat) mit Liberethica-Geschäftsführerin Béatrice Acklin Zimmermann.
Ergebnisse der Diskussion
In der Tat werden Aussagen bekennender Christen im Vergleich zu anderen Glaubensüberzeugungen nicht mit gleichen Ellen gemessen. Das mag einerseits mit einem gewissen westlichen Schuldkomplex zu tun haben, insofern man der eigenen Religion alles, vor allem das Schlechte zutraut. Andererseits liegt es aber auch ganz einfach daran, dass eine zunehmend säkulare Gesellschaft immer weniger über die christliche Religion weiss und Unwissenheit führt bekanntlich zu Verunsicherung.
Christen sind deshalb gefordert, ihren Glauben vor dem Forum der Vernunft zu verteidigen. In einer zunehmend säkularen Gesellschaft müssen sie zwar mit Gegenwind rechnen, aber an den Zumutungen des christlichen Glaubens schieden sich die Geister bekanntlich immer schon. In einer pluralistischen Gesellschaft können Christen die Ebene der persönlichen Glaubensüberzeugung nicht gleichsetzen mit dem öffentlichen Diskurs, sie können nicht mit religiösen Konzepten und Begriffen kommen, wenn sie ernstgenommen und verstanden werden wollen, sondern sie müssen „Übersetzungsarbeit“ leisten.
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Im Vorfeld der Veranstaltung stand Béatrice Acklin Zimmermann dem Magazin IDEA Red und Antwort:
IDEA: Meinungsfreiheit – auch für bekennende Christen? (Link)
Béatrice Acklin Zimmermann: Wahrscheinlich an beidem. Man wird den Eindruck nicht los, dass so mancher unter den Medienleuten eine äusserst verkrampfte Beziehung zur Religion hat und noch immer in der Kinderstube der Aufklärung steckt, insofern er Religion als Sammelbegriff betrachtet für alles, was irgendwie fremd, bieder und irrational ist und somit als etwas, das ein moderner, aufgeklärter Mensch nicht mehr braucht. Auf der anderen Seite ist es aber auch problematisch, wenn Christen die Ebene der persönlichen Überzeugungen und jene des gesellschaftlichen Diskurses gleichsetzen.