Hand aufs Herz – 3 Fragen an Kurt Fluri
Im Nachgang zur lebhaften Debatte über die Stromversorgungssicherheit, welche die FDP Schweiz an ihrer Delegiertenversammlung in Montreux geführt hat, fragen wir bei Nationalrat und Kuratoriumsmitglied Kurt Fluri nach, welche Massnahmen getroffen werden müssen, um den Blackout zu verhindern, und wie grüne Energie und Landschaftsschutz zusammengebracht werden können.
Liberethica: Die EU hat unlängst für „grüne“ Verwirrung gesorgt, indem sie Investitionen in Atomkraftwerke als nachhaltig und klimafreundlich einstufte. Hand aufs Herz: Was ist dran an der klimaneutralen Atomkraft?
Kurt Fluri: Die Atomenergie ist weitestgehend klimaneutral. Ihr Einsatz ist aus ideologischen Gründen in Deutschland, Österreich und in der Schweiz umstritten. Es ist höchste Zeit und der EU zu verdanken, dass ihr Einsatz wieder vor allem rational und wissenschaftlich beurteilt wird. Das gegnerische Hauptargument in der Schweiz, die Endlagerung, wird von der Nagra bis Ende Jahr widerlegt werden können.
Liberethica: Wie lässt sich die Stromlücke, die der Schweiz künftig in sonnenarmen und kalten Wintern droht, verhindern?
Kurt Fluri: Solange die Speicherproblematik nicht gelöst ist, werden wir auf französischen Atom- und deutschen Kohlestrom angewiesen sein. Eine unter Sicherheitsaspekten möglichst lange Nutzung unserer Kernkraftwerke, der vermehrte Einsatz erneuerbarer Energieformen sowie Gaskombikraftwerke werden unsere Winterlücke überbrücken helfen müssen.
Liberethica: Der Ausbau erneuerbarer Energien und der Schutz der Landschaft bergen Konfliktpotential. Was entgegnen Sie auf den Vorwurf, die Umweltverbände torpedierten den nötigen Umbau des Energiesystems? Und: Steckt man, wenn man seine Verantwortung gegenüber der Natur und Landschaft wahrnimmt und sich zugleich für grüne Energien starkmacht, nicht in einem ausweglosen Dilemma?
Kurt Fluri: Selbstverständlich besteht dieses Dilemma, entstanden aus der Überlagerung der Energiestrategie 2050 mit der Klimastrategie 2050. Der Schutz unberührter Landschaften, von Biotopen und Naturparks, ist gesetzlich gewährleistet. Soll er aufgehoben werden, werden die Stimmbürger zu entscheiden haben zwischen unserer – global gesehen bedeutungslosen – Klimapolitik und dem Schutz von Natur und Landschaft.
Kurt Fluri ist Nationalrat (FDP), Präsident der Parlamentarischen Gruppen Biodiversität und Artenschutz sowie Raumentwicklung, Präsident der Schweizerischen Stiftung Landschaftsschutz und Vorstandsmitglied von Pro Natura Solothurn.